Landesrat der Sinti und Roma NRW e. V. (seit 2006)
 

Herzlich willkommen.


Rahmenvereinbarung

Rahmenvereinbarung zwischen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen und dem Landesrat der Sinti und Roma e.V. 


                                                                                            Präambel

Seit mehr als 600 Jahren leben Sinti und Roma in Deutschland. Heute sind es bis zu 150.000 Menschen allein in Nordrhein-Westfalen, die dieser nationalen Minderheit
zugerechnet werden. Sie haben die Kultur und Gesellschaft in Deutschland geprägt. Ihre Geschichte in Deutschland war über Jahrhunderte von Ausgrenzung, Diskriminierung und Vertreibung durch die Mehrheitsgesellschaft gekennzeichnet. Unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft gipfelte dies im Porajmos, dem Völkermord an schätzungsweise 500.000 europäischen Sinti und Roma, den Deutschland erst 1982 durch die damalige Bundesregierung unter Bundeskanzler Helmut Schmidt offiziell als solchen anerkannte. Das durch den Porajmos ausgelöste unermessliche Leid wirkt bis heute fort. Die nachfolgenden Generationen setzen sich intensiv mit der von ihren Eltern, Groß- und Urgroßeltern erlebten kollektiven Gewalt auseinander. Gleichzeitig ist die historische Aufarbeitung der NS-Verbrechen noch lange nicht abgeschlossen. Die Geschichte der Ausgrenzung setzte sich in den Jahren nach 1945 fort. Dies geschah beispielsweise über verweigerte Entschädigungen, Kontinuitäten der Diskriminierung und Kriminalisierung sowie den Ausschluss von gesellschaftlicher Teilhabe. Trotz der erstarkten Bürgerrechtsbewegung seit Anfang der 1980er Jahre und der Fortschritte bei der Aufarbeitung, insbesondere durch die Anerkennung des Porajmos, sind antiziganistische Ressentiments ebenso wie Strukturen der Marginalisierung und Abwertung sowie institutionelle Formen der Benachteiligung nach wie vor verbreitet in unserer Gesellschaft.

Seit 1995 sind Sinti und Roma eine anerkannte nationale Minderheit der Bundesrepublik Deutschland. Ihre Sprache und Kultur sind durch deutsches und europäisches Recht, namentlich der Europäischen Charta der Regional- oder Minderheitensprachen sowie dem Rahmenübereinkommen des Europarats zum
Schutz nationaler Minderheiten, geschützt. Die Sicherung der Zukunft ihrer Kultur, ihrer Sprache und ihrer Geschichte, der Abbau von Diskriminierung gegen sie und die Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe in Nordrhein-Westfalen bedürfen auch zukünftig der Förderung durch die Landesregierung. Der Landtag Nordrhein-Westfalen hat die Landesregierung mit Beschluss vom 21. März 2024 (LT-Drs. 18/8425) beauftragt, mit dem Landesverband in Verhandlungen mit dem Ziel des Abschlusses einer gemeinsamen Rahmenvereinbarung einzutreten. Basierend auf den Prinzipien des gegenseitigen Respekts und der Anerkennung, im Bewusstsein der besonderen geschichtlichen und politischen Verantwortung und in dem Willen, die Vielfalt, Teilhabe und Gleichberechtigung in Nordrhein-Westfalen zu fördern und gemeinsam angemessene Bedingungen zu schaffen, die es Sinti und  Roma in Nordrhein-Westfalen erleichtern, ihre Identität zum Ausdruck zu bringen, zu bewahren und zu entwickeln sowie gleiche Zugänge zu Ressourcen zu erhalten, schließen die Landesregierung Nordrhein-Westfalen, vertreten durch den Minister für Bundes- und Europaangelegenheiten, Internationales sowie Medien des Landes
Nordrhein-Westfalen und Chef der Staatskanzlei, (im Folgenden: Landesregierung)


                                                       Artikel 1 Zusammenarbeit und Ziele:

(1) Die bestehende Zusammenarbeit zwischen der Landesregierung und dem Landesrat wird fortgesetzt und gestärkt. Die Einbeziehung der Angehörigen der nationalen Minderheit in den Prozess der Umsetzung der Rahmenvereinbarung soll sicherstellen, dass die getroffenen Maßnahmen effektiv und zielführend sind.

(2) Die Rahmenvereinbarung verfolgt insbesondere die folgenden Ziele:
- Stärkung des Geschichtsbewusstseins und der Erinnerungskultur.
- Einsatz gegen Diskriminierung.
- Stärkung gesellschaftlicher Teilhabe, etwa durch Förderung gleichberechtigter
Bildungschancen junger Menschen, die der nationalen Minderheit der Sinti und Roma
angehören, oder durch Verbesserung der Wahrnehmbarkeit von Interessen der
Minderheit in den Medien.
- Förderung des Romanes.
- Förderung von Projekten zur Aufklärung über die Geschichte, die Kultur und das Schicksal der Minderheit der Sinti und Roma, auch im Rahmen der politischen Bildung.
- Nutzung von Einwirkungsmöglichkeiten des Landes im Bund-Länder-Austausch zur Sicherung der Grabstätten der in der NS-Zeit verfolgten Sinti und Roma.
- Umfassende Anerkennung des nationalsozialistischen Genozids an der Minderheit der Sinti und Roma.



                                          Artikel 2 Geschichtsbewusstsein und Erinnerungskultur:

(1) Die Landesregierung setzt sich weiterhin für die (selbstbestimmte) Erinnerung an die Geschichte der deutschen Sinti und Roma, insbesondere an die Verfolgung der Minderheit und den systematischen Völkermord durch die Nationalsozialisten, ein.

(2) Die Landesregierung fördert Projekte zur Aufklärung über die Geschichte, die Kultur und die kollektive Gewalterfahrung der Minderheit der Sinti und Roma.



                                                   Artikel 3 Schulische und außerschulische Bildung: 

(1) Die Landesregierung unterstützt schulische und außerschulische Bildung zur Erinnerung an die Verfolgungsgeschichte der Sinti und Roma sowie zur Thematisierung gegenwärtiger Lebensrealitäten. Sie trägt dafür Sorge, dass die Geschichte der Sinti und Roma vermittelt wird und regt Perspektivwechsel sowie die kritische Auseinandersetzung mit den Wirkungsweisen von Rassismus in unserer Gesellschaft an, um so auch möglichen Vorurteilen entgegenzuwirken. Die Landesregierung begrüßt Initiativen der nationalen Minderheit, eigenverantwortlich Bildungsangebote zu schaffen und diese allen am Schulleben Beteiligten zur Verfügung zu stellen.

(2) Im Rahmen der Bildungsplanung sollen in den Unterrichtsvorgaben weitere Anknüpfungspunkte zur Auseinandersetzung mit der Geschichte der Sinti und Roma sowie des Völkermordes in der Zeit des Nationalsozialismus geprüft werden.
(3) Antiziganismus als besondere Erscheinungsform des Rassismus und der gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit ist Ursache der Diskriminierung von Sinti und Roma. 

Im Rahmen der schulprogrammatischen Gestaltungsspielräume haben Schulen die Möglichkeit, Lerninhalte zum gleichberechtigten Zusammenleben von Menschen in einer pluralen demokratischen Gesellschaft zu erarbeiten. Hier wird empfohlen, die gleichberechtigte Beteiligung von Sinti und Roma in der Gesellschaft und Antiziganismus als Erscheinungsform des Rassismus im Unterricht zu thematisieren.

(4) Insbesondere die Landeszentrale für politische Bildung bezieht in ihre Arbeit die Bekämpfung gegen Sinti und Roma gerichteter Einstellungen und die Aufklärung über nationale Minderheiten mit dem Ziel der Förderung des gegenseitigen Verständnisses und der Erhöhung von Toleranz und Akzeptanz im Zusammenleben aller Bevölkerungsgruppen in Nordrhein-Westfalen mit ein.


                                                             Artikel 4 Diskriminierungsschutz:

Die Partner dieser Vereinbarung arbeiten weiterhin gemeinsam an dem Ziel, der Diskriminierung von Angehörigen der Minderheit auf allen Gebieten des öffentlichen und gesellschaftlichen Lebens effizient und effektiv entgegenzuwirken und das friedvolle Zusammenleben unter Achtung der ethnischen, kulturellen, sprachlichen und religiösen Identität der nationalen Minderheit zu fördern sowie gleichberechtigte Zugänge zu Ressourcen zu öffnen.


                                                Artikel 5 Minderheitenschutz, gesellschaftliche Teilhabe:


(1) Die Landesregierung erkennt ausdrücklich an, dass die in Nordrhein-Westfalen lebenden deutschen Sinti und Roma als eine seit jeher in Deutschland beheimatete nationale Minderheit unter dem besonderen Schutz des Rahmenübereinkommens des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten stehen. Die Partner dieser Vereinbarung bekräftigen ihren Willen, die in dem genannten Rahmenübereinkommen niedergelegten Grundsätze gemeinsam zu verwirklichen.

(2) Die Partner dieser Vereinbarung setzen sich weiterhin dafür ein, die Beteiligung von Angehörigen der Sinti und Roma am kulturellen, sozialen, wirtschaftlichen und politischen Leben und an öffentlichen Angelegenheiten in Orientierung am Rahmenübereinkommen des Europarats zum Schutz nationaler Minderheiten angemessen zu fördern.

(3) Bei der Regelung von Angelegenheiten, die die in Nordrhein-Westfalen lebende nationale Minderheit der Sinti und Roma betreffen, werden der Landesverband sowie die Vereine oder Verbände, die dieser Rahmenvereinbarung nach Artikel 9 beigetreten sind, angehört.


(4) Die Partner dieser Vereinbarung stimmen überein, dass die Lebenswirklichkeit der deutschen Sinti und Roma in Kultur und Medien Ausdruck finden muss. Die Medien, insbesondere der öffentlich-rechtliche Rundfunk, haben in ihren Angeboten Bedarfe und Perspektive aller Minderheiten angemessen zu berücksichtigen.

(5) Die Landesregierung setzt sich weiterhin dafür ein, das Bildungsangebot für jugendliche und erwachsene Sinti und Roma zu verbessern, um Chancengleichheit für die Angehörigen der Minderheit auf allen Bildungsstufen (Kindertagesstätten, Schulen und Hochschulen) herzustellen.

(6) Die Landesregierung fördert Initiativen auf den Gebieten von Bildung, Wissenschaft, Kultur sowie im sozialen und zivilgesellschaftlichen Bereich, die dem Schutz und dem Erhalt der kulturellen Identität der nationalen Minderheit dienen und Antiziganismus entgegenwirken.


                                                                            Artikel 6 Sprache:

In dem Bewusstsein, dass das von deutschen Sinti und Roma verwendete Romanes als Minderheitensprache im Sinne von Teil II der Europäischen Charta der Regional oder Minderheitensprachen anerkannt ist, bekräftigt die Landesregierung auch die mit dieser Charta eingegangenen Verpflichtungen. Auf dieser Grundlage schützt und fördert die Landesregierung den Erhalt von Romanes als Teil unseres kulturellen Reichtums.



                                                                             Artikel 7 Friedhofswesen:

(1) Unter der Herrschaft der Nationalsozialisten wurden Sinti und Roma in Konzentrationslagern systematisch ermordet. Da die in den Konzentrationslagern ermordeten Opfer keine individuellen Gräber erhielten, haben die Gräber der verfolgten Sinti und Roma auf zivilen Friedhöfen für die Hinterbliebenen eine besondere Bedeutung als Erinnerungsort. Überlebenden des Porajmos, die in ihren Heimatgemeinden bestattet sind, wird zum Gedenken aller die „Ewige Ruhe" ermöglicht. Zu diesem Zweck wurde eine Bund-Länder-Vereinbarung zum Erhalt der Gräber der unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft verfolgten Sinti und Roma geschlossen. Die Landesregierung wird sich im Rahmen des Bund-Länder Austauschs für die Sicherung der Grabstätten der in der NS-Zeit verfolgten Sinti und Roma weiter einsetzen.

(2) Die Landesregierung appelliert vor dem Hintergrund der Verfolgungsmaßnahmen
und des Völkermordes an den Sinti und Roma an die Friedhofsträger, bei der
Einrichtung und der Erhaltung angemessener und dauerhafter Grabstätten Rücksicht
auf die besonderen Belange der betroffenen Familien zu nehmen


                                                       Artikel 10 Inkrafttreten, Dauer und Ausblick:

Diese Rahmenvereinbarung tritt mit der Unterzeichnung in Kraft und wird auf unbestimmte Zeit abgeschlossen. Der Abschluss erfolgt auf der Grundlage der derzeitigen Verhältnisse. Die Rahmenvereinbarung soll spätestens nach Ablauf von fünf Jahren im Lichte der damit gemachten Erfahrungen überprüft und gegebenenfalls angepasst werden.




































Wisst ihr, warum Rassismus immer noch existiert? Warum sich die Welt so wenig verändert, denk mal nach: Ein Kind kommt nicht hasserfüllt auf die Welt.

Es sieht keinen Unterschied zwischen Hautfarben, Religionen oder Kulturen, aber dann kommen die Erwachsenen, dann kommen die Sprüche am Esstisch, die abwertenden Blicke auf der Straße, die unterschwelligen Kommentare in der Schule, und so wird aus einem offenen Kind ein misstrauischer Erwachsener. Rassismus ist keine Meinung, er ist ein Erbe, das weitergegeben wird von Eltern, von Medien, von einem System, das nicht hinterfragt werden soll, denn wer andere kleinmacht, fühlt sich selbst größer, wer Schuld bei anderen sucht, muss nicht auf sich selbst schauen, und das ist der Punkt: Die meisten Rassisten denken nicht mal, dass sie welche sind, doch jedes Aber verrät, was wirklich dahintersteckt. Rassismus ist bequem, weil er einfachere Antworten auf komplexe Fragen gibt, weil er Menschen in „wir“ und „die anderen“ einteilt, weil er die Schuld immer nach außen verlagert.

Aber hier ist die Wahrheit: Niemand wird als Rassist geboren, und wenn Hass gelernt wird, kann er auch wieder verlernt werden. Die Frage ist nur: Dich selbst zu hinterfragen?